Eric Wauters hat zusammen mit François Mathy für das Z-Magazine Erinnerungen an Almé Z zusammengestellt. Über die Entdeckung des Supertalents, über den Ankauf, über die Erfolge im Sport, aber vor allem in der Zucht. Er schrieb über Almé Z the true story.
1973. Internationales Turnier auf dem Etrier in Paris, nahe des Bois de Boulogne. Seit den Olympischen Spielen von München sind François Mathy und ich so etwas wie die Stützen der belgischen Springreiterequipe. Ein Jahr nach dieser Olympiade werden wir mit der Regelmäßigkeit einer Uhr als „Botschafter“ des belgischen Reitsports zu diversen internationalen Wettkämpfen geschickt.
Im Paddock observieren „Fifi“ (wie mein olympischer Kollege von seinen Freunden genannt wird) und ich andächtig die Pferde unserer südlichen Nachbarn. Dass in der französischen Pferdezucht Qualität vorhanden war, wussten wir beide besser als jeder andere. Fifi hatte bereits mit dem französisch gezogenen Talisman (von Nankin) Furore bei seinem Sieg im GP von Limoges gemacht, und sein außergewöhnlicher Auftritt beim Nationenpreis von München war ebenfalls bemerkenswert! Talisman ging danach zu Paul Schockemöhle. Als Händler in Qualitäts-Springpferden wusste Fifi das französische Qualitätslabel ebenfalls zu schätzen, und etliche Pferde „Made in Frankreich“ gingen über unseren Freund aus Luik zu einem neuen Reiter. Fifis Adlerblick beim Entdecken von Springtalent wurde schnell weltberühmt. Auch Alwin Schockemöhle griff mehr als einmal auf seine geniale Sachkunde zurück, ein Service, der ebenfalls vom damaligen Weltmeister Hartwig Steenken genutzt wurde.
Léon Melchior seinerseits wusste nicht ausschließlich die Pferdekenntnis von Fifi zu schätzen, sondern wusste auch, dass er ein herausragender Reiter mit einem außergewöhnlichen Gefühl war! Abstammungen waren mein Hobby und das Zusammensein mit Fifi war für uns nie langweilig.
Zu der Zeit war das Reisen nicht so einfach wie heute, und ich habe noch schöne Erinnerungen an Bahnreisen mit Fifi zur Anglo-Araber-Auktion in Poitiers usw. Paul Raskin, ein nach Frankreich ausgewichener Limburger, war so etwas wie unser „Observator“, und sobald er einen sogenannten „besseren“ Jumper entdeckte, benachrichtigte er François. Bevor wir uns nach Paris aufgemacht hatten, hatte er eine unwahrscheinliche Geschichte über ein „absolutes Unikum, ein Weltwunder usw.“ erzählt, einen braunen Ibrahim-Sohn mit einem unbekannten amerikanischen Amateur! Die Erzählungen, mit denen Raskin unser Interesse zu wecken versuchte, glichen einander alle sehr, so dass unser Enthusiasmus mehr als einmal heftig gebremst wurde. Auch dieses Mal warteten wir skeptisch auf die neue Offenbarung!
Die Abstammung des angekündigten Supercracks war tatsächlich sehr verlockend. Vater Ibrahim hatte bereits viele Phänomene gebracht. Der eher „bullige“ Normanne führte immerhin das besondere Blut des Vollblüters Orange Peel xx über seinen Vater The last Orange (kein Wunder, dass der heute gefragteste Staatshengst in Frankreich, Double Espoir, auf diesen Orange Peel xx ingezogen ist). Von Ibrahim kannten wir im Topsport bereits einige Stars. Val de Loire, Alcazar der Tango C, um nur einige zu nennen, stachen in ihren Springqualitäten und ihrer Technik hervor. Außerdem: mit der Vollblutlinie von Ultimate xx an Mutters Seite war das „Papier“ besonders anziehend...
Als der imposante braune Hengst auf dem Abreiteplatz erschien, waren wir perplex! So etwas hatten wir noch nie gesehen: sein Ausdruck, seine Elastizität und seine einmalige Galoppade machten den „Amateur“ auf seinem Rücken total unwichtig!
Die Aufwärts-Galoppsprünge von „Almé“ waren jeder für sich im Gleichgewicht und in der Balance – welch ein Luxus! Jeder Sprung, den er ungeachtet der wenig feinen Reitkunst des Yankees im Sattel machte, war „aus dem Lehrbuch“. Kraft, Abdruck, Technik, Parabol – alles war gleichermaßen perfekt. Ein paar Wochen später hatten wir das Glück, dies Schauspiel noch einmal zu erleben, dieses Mal mit Michel Parot im Sattel (Michel ist der jüngere Bruder von Hubert Parot, der mit dem französischen Team in Montreal olympisches Gold gewann, und beide sind Schwager von Marcel Rozier). Es gab nur ein Wort, um diese absolute Weltklasse zu beschreiben: EINMALIG! François hatte inzwischen Léon Melchior kontaktiert, und wenn jemand das Talent hat, um seinen Enthusiasmus als ansteckendste Krankheit auf seine Gesprächspartner zu übertragen, dann ist das zweifellos Fifi!
Der Chef von Zangersheide ließ kein Gras darüber wachsen, und in kürzester Zeit wurde nach Fontainebleau gefahren, um Geschäfte zu machen! Der amerikanische Besitzer, Fred Graham, schien gleich nicht der vertrauenswürdigste Mann zu sein. Er nannte erst einen Verkaufspreis, danach sprach er von einem eventuellen Verkauf, und nachdem das Pferd von François ausprobiert worden war (und herausragend sprang!), begann er noch einmal am Preis zu drehen...
Es wurde eine unendlich lange Diskussion zwischen einem Verkäufer, der versuchte, das Unterste aus der Kanne zu holen, und Léon Melchior, der fest entschlossen war, nicht ohne dieses „Weltwunder“ nach Lanaken zurückzukehren. Er war von den exzeptionellen Qualitäten dieses Hengstes infiziert. Um alle Missverständnisse zu vermeiden und auch, weil er dem amerikanischen Individuum um kein Haar vertraute, ließ Fifi durch Fred Graham die übereingekommene Verkaufsumme in seinem Notizkalender notieren. Graham trug mit eigener Handschrift die runde Summe von 600.000 Französischen Francs (Francs Lourds sagen sie dort) in den Notizkalender von Fifi ein. Nach einem gastronomischen Halt in Barbizon, bei dem dieser „Deal“ ordentlich getauft wurde, fuhren León und Fifi überglücklich heimwärts – das Pferd des Jahrhunderts war ihres!!!
Der Argwohn, den Fifi gegenüber „unserem“ amerikanischen Geschäftspartner hegte, erwies sich schnell als berechtigt. Graham beschloss, Almé nicht freizugeben – ein Gerichtsprozess wurde unvermeidlich! Inzwischen wurde der Tophengst durch Gerichtsentscheid Graham weggenommen und dem französischen „gentleman farmer” Bernard Genest anvertraut, um ihn in den nationalen Prüfungen weiter in Kondition zu halten. Genest war in dem Fach kein Unbekannter, seine Siege beim „Jumping de Bruxelles” mit dem Superjumper Odeon K in den sechziger Jahren sind auf ewig im Gedächtnis der Pferdeleute eingemeißelt. In der „zu langen“ Periode machte es die Kombination Genest-Almé übrigens hervorragend. Sogar ein Versuch, den Weltrekord im Hochsprung zu brechen, stand in diesen Tagen auf seinem Programm! Später stellte sich auch noch heraus, dass er in dieser Periode sogar im Deckeinsatz war... I Love You, Jalisco, Joyau d’Or, Jolly Good uw. sind nur einige notierte Namen von den 51 registrierten Almé-Produkten aus 1974 und 1975! Léon Melchior wollte eigentlich vom Kauf absehen, als Graham nicht liefern wollte. Er befürchtete einen langwierigen Prozess und den auch noch in Frankreich. Aber wegen der Publizität, die Herr Graham meinte verbreiten zu müssen, als wollte ein Paar von Rosstäuschern seine Pferde stehlen und sich nicht davor scheute, Unterschriften zu fälschen, blieb nichts anderes übrig als zu prozessieren. Melchior hatte Almé schließlich für einen stattlichen Betrag gekauft. Wie auch immer, wer Léon Melchior kennt, weiß, dass er in schwierigen Situationen erst richtig stark wird. Darum nahm er auch die Nummer eins der Pariser Rechtsanwälte unter den Arm. „Maitre Tixier Villancourt“ wurde der Verteidiger an Melchiors Seite. Heiterkeit im Gerichtssaal, als die Gegenpartei „Meister Confilou“ als Verteidiger ankündigte („Confilou“ könnte man als „dummer Schurke“!!! übersetzen – what’s in a name?).
Glücklicherweise war der Notizkalender von Fifi noch da, aber Fred Graham versuchte noch, seine eigene Handschrift zu verleugnen – was sogleich für die endgültige Übergabe unseres Supercracks an seinen Käufer Léon Melchior sorgte.
Almé wurde Almé „Z” und wurde mit Erfolg auf internationalen Turnieren herausgebracht, erst durch Fifi und dann durch Europameister Johan Heins, den damaligen Top-Jockey des Elitestalls in Lanaken. Seine außergewöhnliche Technik und Vorsicht und sein starker Charakter wurden schnell weltberühmt.
Inzwischen war Almé Z sowohl im Sport als auch in der Zucht auf Zangersheide voll integriert. Ein letzter lügenhafter Versuch, sich Almés wieder zu bemächtigen, wurde noch von Graham unternommen. Graham erzählte, dass er den Hengst verpachtet, aber nie verkauft hatte... Für 600.000 Französischen Francs – stellen Sie sich das vor! Natürlich hatte er mit diesem Gerede keinen Hauch einer Chance, doch es gab eine Reihe „schlichter Geister“, die sein Märchen glaubten. Bernard le Courtois, später selbst Initiator beim Zurückkauf von Almé Z im Alter von 18 Jahren, fand es sogar nötig, diese Lügen im französischen Hengstjahrbuch in seiner „Almé Saga“ niederzuschreiben ohne die goldene Journalistenregel anzuwenden, die da sagt, beide Seiten anzuhören!!!
Der außergewöhnliche Wert dieses Ibrahim-Sohnes wurde schnell deutlich, da sich die zuvor geborenen französischen Fohlen jedes für sich als wahrhaftige Cracks erwiesen! Als Galoubet mit Gilles de Balanda fast alles gewann, was zu gewinnen war, und mit einer Goldmedaille bei den Weltmeisterschaften in Dublin abschloss, und als dann auch das World-Cup-Finale an Almé Z-Sohn I Love You ging, begann der Durchbruch erst richtig!
Ein anderer Almé Z-Sohn, Jolly Good, der Vollbruder von I Love You, schaffte einen neuen Weltrekord mit einem Sprung über 2,39 m (7 foot 9) im New Yorker Sporttempel Madison Square Garden. Herban wurde unter Michael Matz der glänzende Sieger von Rotterdam, usw., usw. Auch Jalisco sollte diese lange Liste von Krachern mit seinen Siegen in den GPs der CHIOs von Madrid und Paris anfüllen. Und das alles aus nur 50 Produkten, die vor dem Wegzug von Almé Z das Licht der Welt in Frankreich erblickten!
Auch die Zangersheide-Almés begannen allmählich Furore zu machen. Der kleine Almé Z (Mutter v. Domspatz) wurde unter Jos Lansink Gewinner der Benelux-Meisterschaften auf dem Gelände von Zangersheide!! Aerobic Z (Mutter v. Gotthard) wurde mit 650.000 DM Spitze der PSI-Auktion (als Vierjähriger!) und ging in die Staaten, wo er viele Erfolge auf Topniveau errang. Seine Siege im American Gold Cup und im Nations Cup in Calgary waren kein Zufall. Alexis Z wurde selbst zu einem überragenden Vererber, und sein Sohn Amaretto bewies dies unter Hugo Simon mit olympischem Team-Silber in Barcelona! Alle Almé Z-Produkte aufzuzählen, ist vergebliche Liebesmüh, aber an Ratina Z (Silber und Gold in Barcelona und Gold bei der EM in La Baule) kann niemand vorbeischauen. Ratinas Mutter ist Argentina Z, eine weitere Almé Z-Tochter aus der wunderbaren Holsteiner Stammstute von Zangersheide, Heureka Z! Mit dem Hengst Rebel II Z, dem Vollbruder dieser Ratina Z, ist Haus-Jockey Piet Raymakers jetzt auf Siegestour, während Rex Z, ein direkter Inbred mit diesen beiden (Ratina Z und Rebel Z), den Vierjährigen-Circuit überflog und sich als „der“ ideale Hengst für Outcross erweist – mit etlichen Garantien für Züchter, die „power und ability“ wünschen! Am 29. Dezember 1992 wurden während der European Christmas Horse Show in den Nekkerhallen von Mechelen die europäischen Deckhengste zum ersten Mal mit einem besonderen Springwettstreit konfrontiert. Der Sieger: Amadeus Z, noch ein weiterer Almé Z (Mutter v. Graphit), unter Piet Raymakers. Auch der belgische Topreiter Ludo Philippaerts hat nun einen Almé Z-Hengst unter dem Sitzfleisch. Mit diesem Jokinal (Almé Z x Lady Wokina v. Rigoletto) hat Ludo einen besten Nachfolger für Darco gefunden!
Als Achtzehnjähriger wurde Almé Z von einem französischen Syndikat zurückgekauft. Initiator Bernard le Courtois verkaufte 70 der 80 zum Kauf angebotenen Anteile dieses „Doyen“ für 22.000 FF pro Stück! Die drei Top-, Sport- und Zuchthengste Papillon Rouge und Quidam sowie Welt- und Europameister Quito de Baussy, alle drei über Jalisco (Almé Z x Tanagra v. Furioso) Enkel von Almé Z, sind eine Garantie dafür, dass auch Frankreich die einmalige Vererbungskraft dieses „Cracks der Cracks“ weiter bewahren kann! Almé Z ging am 21. März 1991 in Brulleil ein. Dass Almé Z von Fifi Mathy entdeckt wurde, ist nicht ungewöhnlich. Fifi entdeckte zusammen mit Alwin Schockemöhle doch auch den Topvererber Cor de la Bruyère (v. Rantzau). Fifi, zweifacher Bronzemedaillengewinner auf dem Zangersheide-Pferd Gai Luron (v. Flügel), und Alwin Schockemöhle, Goldmedaillengewinner auf den gleichen Olympischen Spielen in Montreal 1976, sind beide Garanten für die Maxime und die Qualitätskörungen des Studbook Zangersheide – von besseren Partnern kann niemand träumen!
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