Jedes Jahr lesen wir es wieder: „Herpes-Ausbruch in einem Stall“. Herpes ist eine hochansteckende Virusinfektion, die mit Lähmungserscheinungen, Erkrankungen des Atmungsapparats oder Aborten einhergehen kann. Es gibt zwei Varianten, nämlich EHV-1 und EHV-4, die beide in der Pferdepopulation auf der ganzen Welt weit verbreitet vorkommen. Aber was ist eine Herpeserkrankung genau? Und wie vermeidet man einen Ausbruch? Und was muss man tun, wenn das eigene Pferd doch angesteckt wird?
Das Equine Herpes Virus (EHV) ist ein Virus, das weltweit vorkommt und Aborte, Erkrankungen des Atmungsapparates und/oder zentralnervöse Symptome verursacht. Es gibt verschiedene Stämme dieses Virus, von denen EHV-1 und EHV-4 am häufigsten vorkommen. EHV-1 kann für seuchenhaftes Verfohlen verantwortlich sein und ist der einzige Stamm, der neben Atemsymptomen auch Nervenstörungen verursachen kann. EHV-4 hingegen kann einzelne Aborte zur Folge haben, greift aber vor allem das Atmungssystem an. Herpesviren sind Viren, die es uns und unseren Pferden sehr schwer machen. Denn es sind Viren, die ohne Symptome nach einer einmaligen Infektion in ihren Wirten bestehen bleiben und wiederkehrende Erkrankungen verursachen in Zeiten verminderter Abwehrkräfte, bei Stress, anderen Erkrankungen,… genau wie der Lippenherpes beim Menschen. Pferde, die das Virus in sich haben, werden Träger genannt und bilden eine Art Reservoir für das Virus. Bei Wiederaufflackern scheiden diese Pferde das Virus erneut aus..
Die winzig kleinen infektiösen Partikel gelangen über den Nasenausfluss oder das Husten eines infizierten Tieres in die Umgebung. Auch das Fruchtwasser, die Eihäute und der Fetus bringen nach einem Abort die Viruspartikel in die Umwelt. Das Equine Herpesvirus kann ungefähr einen Monat in der Außenwelt überleben. Die infektiösen Partikel, die sich in der Umgebung befinden, werden über Luft, Material, Kleidung,… verteilt. Ein anderes Pferd kann diese infektiösen Teilchen einatmen und so selbst infiziert werden.
Aborte durch EHV entstehen meist plötzlich, ohne vorhergehende Symptome. Die Zeit zwischen der Infektion und dem eigentlichen Abort kann zwischen zwei Wochen bis zu einigen Monaten variieren. Auf diese Weise können im Falle von EHV-1 bereits viele Stuten infiziert sein, bevor man davon Kenntnis hat. Es kommt reihenweise zu Virusaborten – dem sog. seuchenhaftes Verfohlen.. Im Falle einer Infektion mit EHV-4 gibt es weniger Übertragung des Virus unter den Pferden, weshalb dann auch nur einzelne Stuten verfohlen. EHV verursacht eine Entzündung der Blutgefäße der Gebärmutter mit einer Ablösung der Plazenta als Folge. Hierdurch erhält der Fetus keinen Sauerstoff mehr in der Gebärmutter und erstickt. Der Abort geschieht im letzten Drittel der Trächtigkeit, meist im 8.-11. Monat der Trächtigkeit. An der Stute ist, abgesehen vom Abort, nichts festzustellen, und der abortierte Fetus ist meist frisch. Wenn der Fetus erst am Ende der Trächtigkeit infiziert ist, wird das Fohlen oft lebend geboren. In diesem Fall ist das Fohlen sehr schwach oder wird binnen zwei Tagen ernsthaft krank. Dies äußert sich in einem benommenen Fohlen mit Fieber, Atemnot, Gelbsucht und manchmal Nervenstörungen, das schließlich nicht länger als drei Tage überleben wird.
Bei Beteiligung des Atmungsapparates variiert das klinische Bild stark. Die Symptome sind bei jungen Pferden am stärksten, angesichts dessen, dass sie noch wenig Viren und Bakterien ausgesetzt gewesen waren und daher noch keine Abwehrkräfte entwickelt haben. Neben den jungen Pferden sind auch Pferde im Training anfälliger für Stress. Es beginnt meist mit Nasenausfluss, leichtem Husten und verminderter Leistung. Auch Fieber, weniger Appetit und angelaufene Beine sind Symtome. Weil das Pferd zeitweise geschwächt ist, ist es anfälliger für Bakterien, die in der Umgebung vorhanden sind. Wenn eine bakterielle Komplikation eintritt, wird der Nasenausfluss eitrig. Infizierte Pferde sind meist nach zwei Wochen vollkommen wiederhergestellt.
Wie oben beschrieben, bleibt das Virus nach dem Durchmachen der Infektion im Pferd in inaktiver Form bestehen. Während Phasen verringerter Immunität, wie beim Transport, bei Umgruppierungen, Absetzen, anderen Erkrankungen, Überbesatz, Stress… kann das Virus wieder aktiv werden. Bei der Reaktivierung sind die Symptome milder und von kürzerer Dauer, manchmal ist sie sogar symptomlos. Doch wird auch dann das Virus ausgeschieden und in der Umgebung verbreitet.
Neben Aborten und Atemwegserkrankungen kann EHV-1 auch das Nervensystem angreifen, mit Lähmungserscheinungen als Folge. In diesem Fall ist der Krankheitsverlauf sehr akut. Das Virus verursacht Schäden an den Blutgefäßen von Gehirn und Rückenmark mit einer daraus resultierenden Beschädigung der Nervenzellen. Dies wird als Ataxie der Hinterhand sichtbar, Lähmung des Schweifes und der Blase mit sogar vollständiger Lähmung. Ebenso wie bei den Atemwegserkrankungen kann es auch hierbei zum Anschwellen der Beine und des Hodensackes kommen.
Die Diagnose Herpes kann nur in einem Labor gestellt werden. Bei Vermutung einer Infektion mit EHV anhand der klinischen Symptome müssen Nasentupfer, Blut der Stute, Tupfer der abortierten Frucht und der Eihäute ins Labor geschickt werden. Es ist deshalb wichtig, dass man bei einem Abort immer seinen Tierarzt hinzuzieht, damit die notwendigen Proben genommen werden können.
Wenn ein Pferd nur Atmungsstörungen zeigt, können Entzündungshemmer gegeben werden. Diese halten das Fieber niedrig und fördern auf diese Weise die Fresslust, um weitere Komplikationen zu verhindern. Eventuell können nach einer bakteriellen Infektion Antibiotika gegeben werden, aber da es sich um eine virale Infektion handelt, haben Antibiotika zu Beginn der Erkrankung keinen Nutzen.
Wenn das Pferd Nervensymptome zeigt, kann Cortison effektiv sein, aber es ist vor allem wichtig, dass das Pferd ausreichend unterstützt wird. Hierunter wird künstliche Ernährung verstanden, aber auch eventuell ein Gurt, um das Pferd an einen Flaschenzug zu hängen, ein rutschfester Boden, und wenn nötig, Katheterisierung der Blase. Leider hat eine EHV-1 Infektion mit Nervensymptomen oft eine schlechte Prognose.
Im Falle eines Abortes ist keine Behandlung der Stute erforderlich, aber es ist vor allem wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, um der weiteren Verbreitung entgegenzuwirken. Es ist wichtig, den Fetus und die Eihäute zu entfernen und den Ort der Fehlgeburt gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Fetus, Fruchtwasser und Eihäute stellen immer eine große Infektionsquelle für andere Tiere dar! Weil das Herpesvirus einen Monat in der Umwelt überleben kann, ist es angeraten, diesen Platz für andere Pferde vollkommen zu schließen. Auch persönliche Hygiene ist wichtig, weil das Virus über Kleidung, Hände oder anderes Material übertragen werden kann.
Um Aborte durch Herpes zu vermeiden, ist Prävention wichtig. Dies kann durch Impfung gegen Herpesinfektionen erfolgen. Die Impfung wird die Infektion nicht verhindern, vermindert aber die Symptome und die Möglichkeit der Verbreitung. Aus diesen Gründen ist es anzuraten, alle Pferde zweimal jährlich gegen Herpes impfen zu lassen. Unter allen Pferden werden nicht nur tragende Stuten verstanden, sondern auch Sportpferde, Fohlen, Aufzuchtpferde… also alle Pferde, die im Stall anwesend sind. Tragende Stuten sollten darüber hinaus dreimal während der Trächtigkeit geboostert werden, also 5, 7 und 9 Monate nach der Besamung. (Zur Erläuterung der notwendigen Impfungen tragender Stuten wird von Zangersheide ein Infoblatt herausgegeben. Wenn gewünscht, können Sie es jederzeit bestellen.)
Tragende Stuten können am besten in einer Gruppe zusammengestellt werden, wenn möglich, räumlich getrennt von den anderen Pferden. Pferde, die neu in den Bestand kommen, müssen bei Ankunft drei Wochen von den anderen Pferden isoliert werden. Daneben ist es wichtig, Stress so weit wie möglich zu vermeiden, sodass bei Trägern keine Reaktivierung des Virus stattfinden kann. Um die allgemeine Abwehrlage der Pferde zu verbessern, ist eine stabile Futterration wichtig, ein gutes Entwurmungsschema, stabiles Management und die regelmäßige Impfung gegen Influenza.
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